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Classic-Zyklus - Band 11
Wunder des blauen Planeten
Erster Teil – Zweiter Teil
»Volltreffer!« knurrte Prokin nach einem Blick auf die
Oszillos.
Aber der Strahlschuß prallte am energetischen Schirm des Fremdraumers
ab. Grelle Flammenkaskaden schossen nach allen Seiten, und der Prallschirm
glühte blutrot auf.
Dann glaubten die Männer in Ast-15 ihren Augen nicht zu trauen.
»Das darf doch nicht wahr sein«, stöhnte der Kommandant,
aber was er sah, veränderte sich nicht. Der Prallschirm des Fremdschiffes
strahlte in grellem Weiß. Und dieses Weiß flackerte im feststehenden
Rhythmus. Kurz - lang - lang - kurz - lang - lang - kurz...
»Ein Zeichen!« Der Kommandant verstand es nicht. Dennoch schlug
er hart auf den Feuerknopf. Schlagartig stellten alle Strahlgeschütze
der Station ihr Feuer ein.
»Acht Raumer im Anflug auf unbekanntes Schiff!« meldete der
Ortungsoffizier.
Der Kommandant brüllte: »Unsere Schiffe darauf aufmerksam machen,
daß der Kahn über seinen Prallschirm Zeichen abstrahlt.«
Doch auf Terra war es schon bemerkt worden. Marschall Bulton änderte
seinen Befehl. Geleit des unbekannten Schiffes übernehmen, aber von
allen Waffen Gebrauch machen, wenn Angriff von der anderen Seite erfolgen
sollte.
Sechs Kreuzer der Planeten-Klasse und zwei Jäger rasten mit grell
aufleuchtenden As-Onen-Triebwerken heran. Ihre optischen Systeme hatten
den Doppelwulst-Raumer erfaßt. Sein rhythmisch flackernder, weiß
leuchtender Schirm war nicht zu übersehen. Unverändert hielt
das Schiff Kurs auf Terra. Daß es von einer achtfachen Übermacht
geleitet wurde, machte der Besatzung wohl nichts aus.
War Weiß nicht die Farbe der Übergabe und der friedlichen Verhandlungen?
Doch kannte die Besatzung des unbekannten Schiffs die Gepflogenheiten
der Terraner? Im Stab der TF starrte Marschall Bulton nachdenklich ins
Leere. Er wagte nicht, seine Offiziere anzusehen. Auf diesen Augenblick
hatte man auf Terra seit Wochen und Monaten gewartet, sich in ununterbrochenen
Planspielen und Manövern darauf vorbereitet - doch jetzt, da der
Fall eingetreten war, fühlte der Oberkommandierende der TF sich nicht
wohl in seiner Haut. Man hatte schon öfter mit den Doppelwulst-Raumern
zu tun gehabt - es waren größtenteils unangenehme Begegnungen
gewesen, wie Bulton sich erinnerte -, man wußte, daß ihre
Heimatwelt 3219 Lichtjahre von der Erde entfernt war; aber wie die Wesen
aussahen, die diesen Raumschifftyp flogen, wußte niemand.
»Distanz noch 35 Millionen Kilometer, Marschall!«
Bulton nickte. Und dann schreckte er plötzlich hoch - er und alle
seine Offiziere.
Die POINT OF war dicht über Terra aus der Transition gekommen und
flog mit hoher Fahrt dem Raumhafen Cent Field zu.
Auf einem Monitor war plötzlich das Gesicht des Commanders zu sehen.
Marschall Bulton wischte sich den Schweiß von der Stirn. Plötzlich
wirkte er entspannt. Es war ihm egal, daß alle sahen, wie tief und
erleichtert er aufatmete. Ren Dhark war zurück. Er hätte in
keinem besseren Augenblick nach Terra kommen können.
Auch die Menschen in Alamo Gordo schreckten auf. Ein Überschallknall
noch nie erlebter Stärke erschütterte die gigantischen Stielbauten,
die der Stadt ihr unverwechselbares Gesicht gaben. Die POINT OF war im
Anflug! Sie war mit Höchstfahrt in die dichten Luftschichten der
Erde hineingestoßen, um im Sturzflug Cent Field anzufliegen.
Den Männern im Tower trat der kalte Schweiß auf die Stirn,
als sie auf ihren Instrumenten die Landegeschwindigkeit der POINT OF ablasen.
»Sind die denn verrückt geworden? Bei dem Tempo wird der Kahn
einen schönen Schrotthaufen abgeben!«
Aber es gab keine Bruchlandung. Elegant setzte der Ringraumer auf.
Kaum schwiegen die Triebwerke, raste schon Flash 001 durch die Unitallwandung
des Schiffs und nahm Kurs auf das Gebäude, in dem sich der Stab der
TF befand. Ren Dhark flog den Flash selbst. Dicht vor dem Haupteingang
landete er das plump aussehende Beiboot. Noch bevor die Wachposten reagieren
konnten, hatte der Commander das Gebäude schon betreten. Er stürmte
den breiten Gang entlang und stand Augenblicke später vor Marschall
Bulton.
Dem war seine Erleichterung überdeutlich anzumerken, als er seinen
Platz hinter dem breiten Schreibtisch räumte. Ren Dhark hatte noch
während des Landeanflugs alles Wichtige erfahren und seinerseits
dem Marschall stichwortartig von den Geschehnissen im Karmin-Universum
berichtet. Dhark beugte sich zum Vipho und tastete blitzschnell die Verbindung
zur Ortungszentrale des Raumhafens ein.
»Hier Commander Dhark! Wo steht das Schiff?«
Sie verstanden ihn. Zur Zeit gab es im Sol-System nur ein Schiff, von
dem man sprach. Er erhielt die Distanzangabe, unterbrach die Verbindung.
»Bulton, wir haben nur noch ein paar Minuten Zeit, bis der fremde
Raumer zur Landung ansetzt. Welche Einheiten stehen bereit, um die Delegation
einer fremden Rasse zu empfangen?«
Die Ortungszentrale meldete, daß der unbekannte Raumer den äußeren
Luftmantel der Erde erreicht habe und noch immer Kurs auf Cent Field halte.
Ren Dhark wurde nachdenklich. Etwas machte ihm Sorgen. Er erinnerte sich
einiger dramatischer Erlebnisse. Jedesmal, wenn die POINT OF im überlichtschnellen
Flug unterwegs von Hope nach Terra - oder in Gegenrichtung - einen bestimmten
Sektor der Galaxis durchflogen hatte, war sie auf unerklärliche Art
geortet und immer wieder von vielen Schiffen angegriffen worden - darunter
auch von Doppelwulst-Raumern! Diese Ortung hatte es eines Tages nicht
mehr gegeben. Wer hatte veranlaßt, daß der Ringraumer nicht
mehr mit allen verfügbaren Mitteln bekämpft wurde? Was war der
Anlaß zum Einstellen dieser Aktionen gewesen? Die Besatzungen der
Doppelwulst-Raumer hatten mit einer geradezu unbeschreiblichen Hartnäckigkeit
versucht, die POINT OF in eine kleine Sonne zu verwandeln. Und jetzt kam
ein Schiff dieser Rasse in friedlicher Absicht?
Mit einer Hand fuhr sich Ren Dhark über die Stirn. Von allen Seiten
fühlte er Unheil auf sich zukommen. Unwillkürlich blickte er
auf, aber außer einigen Offizieren und Marschall Bulton konnte er
nichts entdecken.
»Commander, die GSO ist benachrichtigt.«
Daran hatte Dhark wirklich nicht gedacht. Er gehörte zu dem Typ Menschen,
der erst dann mißtrauisch wurde, wenn er Grund dazu hatte. An erster
Stelle stand bei ihm der Glaube, daß jede Kreatur, wie sie auch
beschaffen sein mochte, von Natur aus gut war.
Das große Vipho vor ihm leuchtete auf. Ein Offizier aus dem Tower
meldete: »Commander, der Doppelwulst-Raumer setzt auf G-56 zur Landung
an.«
Der Vorgang war auch in der POINT OF beobachtet worden. Vollkommen ruhig
teilte Dan Riker aus dem Leitstand des Ringraumers mit: »Wir scannen
den Kahn ununterbrochen. Scheint friedlich zu sein. Unsere Energieortung
bestätigt, daß nur die Energieerzeuger laufen, die er für
das Landemanöver benötigt. Sonst nichts Neues.«
Die Verbindung zur POINT OF erlosch. Ren Dhark erhob sich. Auffordernd
blickte er Bulton an. »Ich glaube, es wird Zeit, daß wir uns
auch auf den Weg machen.«
Der Commander der Planeten wollte die fremden Intelligenzen, die zum ersten
Male die Erde angeflogen hatten, begrüßen. Der Doppelwulst-Raumer
stand auf Landeplatz G-56. Achtzehn stationäre Gravitationsschleudern
waren genau auf das 250-Meter-Schiff justiert. Die Gruppenführer
der einzelnen Forts hatten den Befehl erhalten, auf einen bestimmten Funkimpuls
hin den Landeplatz unter 3,5 Gravos zu setzen, selbst wenn sich Terraner
in diesem Bereich befinden sollten. Für diesen Fall standen sieben
Cyborgs bereit. Ihre Order lautete, unter Einsatz aller Mittel jeden Mann,
der sich vor oder in dem unbekannten Schiff aufhielt, herauszuholen.
Arc Doorn, der mittlerweile ebenfalls von der POINT OF herübergekommen
war, hatte in einer kurzen Anweisung von Ren Dhark erfahren, daß
er gemeinsam mit Jos Aachten van Haag den gesamten Einsatz zu leiten hatte.
»Okay«, hatte der wortkarge Sibirier gebrummt und es sich
mit Jos in dem kleinen Nebenraum nahe der Vipho-Zentrale bequem gemacht.
Nur Bram Sass und Jes Yello, die beiden Cyborgs, begleiteten den Commander
und Marschall Bulton. Vor dem Stab der TF wartete ein Spezial-Jett der
GSO, um sie nach G-56 zu fliegen. Über drei Viphos, die auf Dauerempfang
standen, waren sie mit den wichtigsten Stellen in Cent Field und Alamo
Gordo verbunden.
»Nervös?« fragte Dhark den Marschall, kurz bevor sie
ihr Ziel erreicht hatten.
Bulton war so ehrlich wie immer. »Ein bißchen. Sie nicht?«
»Doch«, erwiderte Dhark, »Innerlich bin ich auf so ziemlich
alle bösen Überraschungen vorbereitet.«
Ihr Spezial-Jett setzte auf. Langsam gingen sie auf das fremde Schiff
zu, das auf wuchtigen, aber erstaunlich kurzen Teleskopbeinen mit auffallend
groß dimensionierten Landeplatten stand. Eine Polschleuse besaß
dieser Raumer nicht, der im Licht der Sonne hellbraun schimmerte. Erst
in gut fünfzig Meter Höhe befand sich eine halbbogenförmige
Öffnung, von der jetzt eine schmale Rampe heruntergefahren wurde,
die augenscheinlich über Transportbänder verfügte.
In gleichmäßigen Abständen waren auf der sonst glatten
kugelförmigen Hülle leicht plattgedrückte Höcker verteilt,
die sich anscheinend in alle Richtungen bewegen ließen. Strahlgeschütze?
Auch der Ringwulst, der das Schiff von Pol zu Pol umlief, gab dem Raumer
ein seltsames Aussehen. Gut fünfundzwanzig Meter breit, aber über
vierzig Meter dick, verfügte dieser Ring, ebenso wie der horizontal
um den Schiffsäquator verlaufende, über ein anomal großes
Volumen. Wenn der Platz in den beiden Wulsten vollständig ausgenutzt
war, dann mußten sich darin überaus leistungsfähige Triebwerke
verbergen.
Ren Dhark, Marschall Bulton und die beiden Cyborgs blickten zur Schleuse
hinauf. Dort war keinerlei Bewegung auszumachen. Von der Besatzung ließ
sich bisher niemand sehen. Kein gutes Zeichen, dachte Ren Dhark, der sich
vergeblich bemühte, seine Nervosität zu unterdrücken. Ein
fremdes Schiff landete auf einem fremden Planeten, und seine Besatzung
dachte nicht daran, sich freiwillig dem Gastgeber zu zeigen.
Bulton blickte die beiden Cyborgs fragend an.
Sass grinste schwach. »Wir haben umgeschaltet.«
Dicht vor der kleinen Gruppe berührte die Rampe aus silbergrauem
Material den Boden. Im gleichen Augenblick begannen vier Transportbänder
in Richtung auf die Schleuse anzulaufen. Ohne zu zögern betrat der
Commander eines der Bänder. Bulton und die Cyborgs folgten seinem
Beispiel.
In gleichmäßigem, nicht besonders schnellem Tempo wurden sie
hinaufgefahren und näherten sich der Schleuse, einem dunklen Raum,
dessen Ausmaße sich im Hintergrund verloren. Die Schleuse war leer.
»Eine unhöfliche Gesellschaft«, murmelte Marschall Bulton,
der sich vergeblich nach einem fremden Wesen umgesehen hatte - und zuckte
zusammen.
Weiter mit Teil 2
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